Shigeru Ban, der japanische Star-Architekt, verbindet die traditionelle japanische Baukunst mit moderner Architektur und setzt dabei auf Materialien wie Holz, Bambus, Pappe, Papier und Textilien. Er hat den Stammsitz des Tamedia-Konzerns und das Centre Pompidou entworfen.
Werke wie die «Furniture Houses» und das Centre Pompidou sind nicht unbekannt. Shigeru Ban zählt zu den wichtigsten Künstlern unserer Zeit, der schon mit Schweizer Architekten grossartige Projekte realisiert hat. Die meisten seiner Bauwerke hat er dennoch im Ausland gefertigt.
Wie Shigeru Ban seine Liebe zur Architektur entwickelte
Der sozial engagierte Architekt kommt am 5. August 1957 in der Präfektur Tokio zur Welt. Noch nicht ahnend, dass er später einmal zu den Besten seiner Branche zählen wird. Das Talent scheint ihm in die Wiege gelegt, denn auch die Eltern sind sehr kreativ. Mehrmals bauen sie ihr Haus um und der kleine Ban sieht die Schreiner aus- und eingehen. Ban liebt den Duft des Holzes. Aus den Holzabfällen bastelt er sich eine Spielzeugeisenbahn und sein erstes «Häuschen». Aus diesen simplen Erfahrungen lernt der spätere Stararchitekt, dass sich auch aus Abfällen etwas Sinnvolles gestalten lässt – sofern man kreativ genug ist.
Kirche aus Pappröhren und «Furniture Houses»
Ban studiert in den USA an der Southern California Institute of Architecture und später an der Cooper Union School of Architecture in New York City, wo er unter anderem John Hejduk begegnet. Zurück in Tokio gründet der kreative Geist sein eigenes Architektenbüro und macht erstmals auf sich aufmerksam. Für die japanische Hafenstadt Kobe, die ihr Gemeindehaus beim Hanshin-Erdbeben verliert, entwirft Shigeru Ban eine Kirche aus Pappröhren. Für das von starken Erdbeben heimgesuchte Japan kreiert Ban Notunterkünfte aus Recyclingmaterial sowie seine «Furniture-Houses». Da Menschen durch umstürzende Möbelstücke nicht selten schwer verletzt werden, macht er die Möbel zu konstruktiven Elementen des Hauses und verankert sie fest in tragende Wände.
Der Architekt tobt sich in Europa kreativ aus
Obwohl Shigeru Ban in Japan hohes Ansehen geniesst, so richtig kreativ «austoben» kann er sich erst im erdbebensicheren Europa. Für die Expo 2000 in Hannover entsteht ein Pavillon, der noch heute für Gesprächsstoff sorgt. Die Haupthalle als Gitterschale aus verschnürten Pappröhren konstruiert, mit Giebelseiten aus seilverspannten Kartonwaben, wurde für die Dachhaut extra eine fünfschichtige brand- und wasserfeste Papiermembran entwickelt.
Shigeru Ban arbeitet mit Schweizer Architekten
Frankreich hat der japanische Tausendsassa mit dem Centre Pompidou in Metz erobert. Gemeinsam mit dem Schweizer Tüftler und ETH-Ingenieur, Hermann Blumer aus Herisau, verwirklicht er ein Museum, das unter Baufachleuten eigentlich als nicht realisierbar galt. Die ausgeklügelte Dachkonstruktion, ein geflochtenes und gewölbtes Holzdach mit hexagonalem Muster, erinnert an den Strohhut eines Feldarbeiters. Kein Wunder, dass der Ausnahmearchitekt den Schweizer für ein weiteres Projekt verpflichtete.
Das «hölzerne Wunder» von Zürich: Tamedia Hauptsitz
Für Shigeru Ban war klar, dass sein erstes Projekt für die Schweiz etwas ganz Besonderes sein sollte. So entstand in Zürich für den Stammsitz des Tamedia-Konzerns ein Verlagshaus der absoluten Spitzenklasse. Für das rund 50 Millionen Franken teure siebengeschossige Bürogebäude wurden 3’600 Fichten mit einem Gesamtgewicht von 2’800 Tonnen verbaut. Eine Menge, die in den schönen Schweizer Wäldern rechnerisch in nur einem Tag nachwächst. Seine nachhaltigen und innovativen Konzepte bringen Shigeru Ban im Jahr 2014 den renommierten und mit 100’000 Doller dotierten Pritzkerpreis ein. Der Preis wird jährlich von der Stiftung der Familie Pritzker, Eigentümer der Hyatt-Hotel-Kette, vergeben und ging in den letzten Jahren schon mehrfach nach Japan. Das bezeugt die Beliebtheit der fernöstlichen Baukunst in unserer Zeit und wird Shigeru Ban sicher auch in Zukunft Ansporn sein, aussergewöhnliche Bauprojekte zu verwirklichen.