Nicht nur die Mode unterliegt Trends, sondern auch das Obstregal. Apfelsorten, die vor zwanzig Jahren auf rege Begeisterung trafen, ernten heute nur noch ein müdes Lächeln. Die Konsequenz: Sie müssen im Supermarktregal weichen und neuen Sorten Platz machen. Deren Perfektion hat aber einen Haken.
In den sauren Apfel beissen will heute kaum noch jemand. Süss muss er sein (allerdings nicht zu süss), knackig (aber nicht zu fest) und leuchtend rot. Ansprüche, denen viele traditionelle Apfelsorten nicht gerecht werden. Um den kritischen Kunden zu überzeugen, muss nicht nur der Geschmack, sondern auch das äussere Erscheinungsbild stimmen. Die Suche nach der perfekten Frucht leitet somit auch den Griff im Obstregal. Und dieser geht vermehrt zu Clubsorten oder Markenäpfeln, die dem aktuellen Geschmack der Konsumenten entsprechen. Aus beliebten Sorten gekreuzt und gezüchtet, werden sie mit klingenden Namen wie «Pink Lady» oder «Rubens» versehen. Verglichen damit klingen «Boskoop» oder «Goldparmäne» wie Ladenhüter aus längst vergangenen Zeiten.
Traditionelle Apfelsorten sind verträglicher
Zu Unrecht. Denn die modernen Züchtungen haben einen Haken und das Streben nach Perfektion seinen Preis. So wurden die sogenannten Polyphenole herausgezüchtet – jene Stoffe, die für die Braunfärbung und den sauren Geschmack des Apfels verantwortlich sind. Gerade sie machen die Frucht aber leichter verdaulich und schalten Allergene aus. Allergikern sei daher geraten, besser zu traditionellen Apfelsorten greifen. Zudem sind ältere Sorten meist widerstandsfähiger gegen Schädlinge und müssen mit weniger Pestiziden behandelt werden.
Traditionelle Apfelsorten
Boskoop: Der Holländer in der Küche
Herkunft: Niederlande
Konsistenz und Geschmack: mittelfest und säuerlich
Erntezeit: September bis Mai
Sonstiges: Der «Schöne von Boskoop» kommt vorrangig als Back- und Kochapfel zum Einsatz, eignet sich also wunderbar für Apfelkuchen, Apfelmus oder als Bratapfel.
Braeburn: Der Kiwis liebster Apfel
Herkunft: Neuseeland, 1952 zufällig entdeckt
Konsistenz und Geschmack: knackig und süss-säuerlich
Erntezeit: Oktober bis Juni
Sonstiges: Der Lieblingsapfel der Neuseeländer wird erst seit den 90er Jahren in grossem Stil angebaut. Seinen Namen verdankt er «Braeburn Orchards» – dem Standort der ersten kommerziellen Plantagen.
Cox Orange: The Queen is very amused
Herkunft: 1825 in England entdeckt
Konsistenz und Geschmack: fest, aromatisch und saftig
Erntezeit: September bis Februar
Sonstiges: Lieblingsapfel der Briten und direkter Vorfahre der Apfelsorten «Gala« und «Elstar»
Goldparmäne: Delikate Mademoiselle mit Geschichte
Herkunft: Frankreich im 16. Jahrhundert
Konsistenz und Geschmack: knackig, saftig und nussiger Geschmack
Erntezeit: ab September
Sonstiges: Die Goldparmäne gehört zu den ältesten Apfelsorten und galt viele Jahre als beliebtestes Tafelobst. Da sie allerdings anspruchsvoller Pflege bedarf und recht anfällig für Schädlinge ist, wird sie kaum noch kommerziell angebaut.
Weitere traditionelle Apfelsorten:
Berlepsch, Kaiser Wilhelm, Boiken, Bohnapfel, Winterrambur, Klaraapfel, Finkenwerder Herbstprinz, Berner Rosenapfel
Neuere Apfelsorten
Pink Lady: Der Popstar unter den Apfelsorten
Herkunft: Australien
Konsistenz und Geschmack: knackig, saftig, sehr süss und säuerlich
Erntezeit: durch Import von Übersee ganzjährig erhältlich
Sonstiges: Das Besondere ist wohl die pinke Färbung, die der Kreuzung aus «Lady Williams» und «Golden Delicious» auch ihren Namen verleiht. Der Apfel ist zudem lizensiert und darf nicht von jedem verkauft werden.
Rubens: Sohn berühmter Eltern
Herkunft: Italien
Konsistenz und Geschmack: knackig, süss und säuerlich
Erntezeit: Oktober
Sonstiges: «Rubens» kommt aus dem Lateinischen und bedeutet «rot» - daher hat die Kreuzung aus «Gala» und «Elstar» auch ihren Namen.
Diwa: Fruchtige Miss Schweiz
Herkunft: Schweiz
Konsistenz und Geschmack: fest, aromatisch und saftig
Erntezeit: September
Sonstiges: Die Kreuzung aus Elstar, Idared und Maigold trifft den aktuellen Geschmackstrend und hat das Zeug zum Shootingstar.
Weitere neue Apfelsorten:
Kiku, Kanzi, Red Prince, Junami, Tentation, Mairac, Jazz